Neuste Meldung am 30.04.2020: RKI: "Wir sehen, dass die Übersterblichkeit steigt in Deutschland"
Ach! Also setzt schön die Masken auf, der Sensenmann steht vor der Tür. Oder schauen wir doch lieber selbst nach?
Es gibt ein europäisches Projekt (kein obskurer Verein, sondern ein Verbund Europäischer Forscher, geleitet vom dänischen "Statens Serum Institut", also dem dänischen RKI) namens EUROMOMO (EUROpean MOrtality MOnitoring), bei dem die meisten EU-Staaten landesweite Zahlen liefern, Deutschland jedoch nur für Berlin und Hessen (warum eigentlich?).
Diese Institution liefert seit Jahren die Zahlen zur Übersterblichkeit - auf deren Steigen sich Herr Wieler mit extrem sorgenvollem Gesicht bezieht. Deren Verlauf über die letzten drei Jahre für Berlin und Hessen (wie gesagt, die restlichen Bundesländer haben es anscheinend nicht nötig, Zahlen transparent zu machen):
Es gibt in der Tat eine Übersterblichkeit, welche im gesamteuropäischen Vergleich auch die Grippewellen der letzten Jahre übersteigt - ausgelöst vor allem durch überdurchschnittliche Entwicklung in einigen Ländern wie Italien, Spanien, Niederlande und England.
Aber Deutschland bzw die gemeldeten zwei Bundesländer zeigen keine besorgniserregenden Verläufe. Österreich, Finnland, Dänemark, Estland usw (seht selbst nach, habt ja Augen im Kopf) liegen wie Deutschland deutlich unter den Vergleichszeiträumen der Vorjahre.
Randbemerkung:
Die Gesamtzahl der verstorbenen Personen (wir haben hier die Todesfälle je KW aufgeführt) über den Zeitraum der Wintersaison ergibt sich (grob, aber korrekt) über die FLÄCHE unterhalb der blauen Linie. Man kann sehr schön erkennen, dass CoVid19 schneller zuschlägt, aber auch rascher nachlässt (wie weit das den Maßnahmen geschuldet ist, ist umstritten, da ein steiler Abfall auch in den No-Lockdown-Ländern erfolgt). Die Zukunft wird zeigen, wie sich die momentane Pandemie gegenüber den Vorjahren im Detail unterscheidet - dass im "Hotspot" Europa aber eine Katastrophe stattfindet, ist meines Erachtens nicht erkennbar.
So what?
Es gibt zwei Möglichkeiten für die Aussagen von Herrn Wieler:
- Das RKI hat aus anderen Bundesländern dramatische Zahlen, aber Deutschland ist nicht in der Lage, diese zu veröffentlichen, oder
- die Aussage dient der Aufrechterhaltung des Paniklevels und damit der Disziplinierung der Bevölkerung.
Betrachtet man den bisherigen Umgang mit der Pandemie, neige ich dazu, von der zweiten Annahme auszugehen.
Gefährliche Gratwanderung
Es gibt ein Strategiepapier, welches bekannt geworden ist und am Anfang der Epidemie (wohl um den 20.03.2020 herum) erstellt wurde.
Ich muss gestehen, dass mich zu dieser Zeit dieses Papier eher beruhigt hat, weil ich verstehen konnte, dass angesichts der dort ausgemalten Szenarien die Politik zum Handeln gezwungen war. Was ich damals schon unverantwortlich fand, war die Strategie der Angstmache (siehe 4.a ff im genannten Papier), z.B:
Nun zeigt sich aber, dass viele Annahmen nicht korrekt waren oder maßlos überschätzt wurden - warum auch immer. Ich würde von der Politik erwarten, die Entwicklung zu verfolgen und mit offener Informationspolitik Vertrauen beim Bürger zu schaffen. Man hält aber anscheinend an der Strategie "je mehr Panik, desto besser" beharrlich fest und degradiert den "mündigen Bürger" damit zu einem angstgesteuerten Idioten.
Das Schlimme ist: Es funktioniert. Laut Umfragen haben Markus Söder und Angela Merkel Bestwerte für ihr Krisenmanagement. Na, denn Prost!
Ach ja, Gratwanderung: Nicht alle Bürger sind doof. Möglicherweise haben wir sogar recht viele recht gut Gebildete, die bisher noch in Angststarre oder, wie ich, in ungläubigem Erstaunen die Entwicklung verfolgen. Wehe, die zweite Welle kommt nicht und wir haben nachher eine Rechte, die mit dem Argument "haben wir ja immer schon gesagt" aus den Löchern kommt und die nationale Karte spielt - dann könnte der rechte Rand plötzlich zum Gewinner werden; an bedingungslosen Gehorsam ist das Volk ja jetzt schon gewohnt.
(Wie gesagt, ich schreib's vor allem für die Enkel, vielleicht können die was daraus lernen)