Seit Wochen beobachte ich nun die Entwicklung, und versuche, mir aus den unterschiedlichsten Quellen ein Bild zu machen.
Eine Stimme, deren Einschätzungen mir insgesamt mit am zutreffendsten erscheinen, ist Prof. Dr. Sucharit Bhakdi (hier seinWikipedia-Eintrag, der wohl auch zutreffend ist). Wie gesagt, ich bemühe mich stets, eine Sache von mehreren Seiten zu betrachten, daher habe ich mir die Mühe gemacht, Infos von und über Herrn Bhakdi zusammenzutragen - der geschätzte Leser (naja, wer immer das sein mag) möge sich selbst ein Bild machen.
Äußerungen von Prof. Bahkdi:
Es gibt einen Youtube-Kanal von ihm, dort fehlt allerdings sein jüngstes Interview vom 30.04.2020 mit einem Münchener Privatsender, das man sich ansehen sollte. Ich erlaube mir, das hier zu verlinken, keine Ahnung, warum es nicht in seinem eigenen Kanal ist:
(Anmerkung: Angeblich wurde das Video mehrfach gelöscht - das kann ich aber nicht kommentieren, da ich nichts drüber weiß).
Kritik
Er wird viel kritisiert, interessant finde ich z.B. den Artikel "Schuster, bleib bei Deinen Leisten", wo sich ein Schüler von ihm äußert. Irritierend der Titel (Schuster, bleib bei Deinen Leisten - müsste man das nicht eher Leute wie Spahn oder Wieler fragen?), kann man gut erkennen, dass die Einschätzung des Autors sich über die Zeit ein wenig wandelt. Warum die Seite grauenhaft mit Werbung zugekleistert ist, kann ich nicht beurteilen, mein Blog hier hat jedenfalls keine und bekommt auch keinen Cent irgendwoher.
Jedenfalls scheint mir das eine insgesamt ausgewogene Kritik zu sein.
Interessant finde ich den "Igitt" Unterton in vielen Kritiken, eine tatsächliche Auseinandersetzung findet selten statt. Genau so geht Wissenschaft nicht, und wenn eine Wissenschaft in fast pseudoreligiösre Weise als Handlungsleitfaden herhalten muss, scheint es mir erst recht bedenklich, wenn ein echter Diskurs unterbleibt.
Die "harten" Zahlen jedenfalls untermauern meines Erachtens nach eher die Meinung von Prof. Bhakdi als die gebetsmühlenartigen Prophezeiungen, die sonst die öffentliche Diskussion bestimmen. Zu den diesen zugrunde liegenden Zahlen habe ich ja vor Wochen schon in Corona und der Tod meine Bedenken geäußert, interessanterweise finde ich dieselben Zweifel bei Prof. Bhakdi (den ich zu der Zeit noch gar nicht gekannt habe).
Faktenchecks
In den öffentlichen Medien werden z.B. von einem Philipp Häuser die Thesen von Bhakdi zerpflückt, wobei der "Faktencheck" bereits mit der Darstellung der angeblichen Wahrheit beginnt:
Die Einschränkungen sind notwendig, damit wir unser Gesundheitssystem nicht überlasten, und damit wir genügend Platz haben ..... da hilft es nicht gerade, wenn manche Kritiker das Netz mit fragwürdigen Thesen überfluten...
(Soweit ich informiert bin, waren zu dieser Zeit die deutschen Intensivstationen weit, weit weg von einer Überbelegung - mittlerweile haben etliche Krankenhäuser Kurzarbeit).
Das, wie gesagt, ist der Aufhänger für den Faktencheck, wobei am 8.4. die Fallzahlen bereits rückläufig waren (mit all den Unsicherheiten hinsichtlich ihrer Entstehung), selbst nach RKI: Entwicklung der täglich gemeldeten Fallzahlen
Im weiteren Verlauf wird behauptet, dass der Unterschied zur Grippe wäre, dass die Neuerkrankungen auch jetzt noch exponentiell ansteigen würden, während die Grippewelle zum Sommer hin ausläuft. Und das kann man nun durch Zugriff auf offizielle Zahlen nachprüfen:
Laut statista.com haben sich die Neuinfektionen wie folgt entwickelt:
Ich habe mir den Zeitraum des Faktenchecks mal rot markiert, damit man sieht, was hier als "weiterhin exponentielles Wachstum" dargestellt wird. Um aktuelle Zahlen hat sich der Autor jedenfalls nicht bemüht oder sie ignoriert.
Wenig später (16.04.) spricht das RKI dann in seinem eigenen Bulletin von einem "aprupten Rückgang der Atemwegserkrankungen" - logisch, wenn sich keiner mehr aus dem Haus traut:
Kürzere Dauer der Grippewelle 2019/20 sowie abrupter Rückgang der Raten an Atemwegserkrankungen
Das statistische Bundesamt liefert auf seiner Themenseite zur Lebenserwartung eine Sonderauswertung zu Sterbefallzahlen des Jahres 2020, aus der ebenfalls ersichtlich ist, dass in Deutschland keine Übersterblichkeit bisher festgestellt werden kann - im Gegenteil (rot ist 2020, das andere die Vorjahre):
Über den Autor, Herrn Philipp Häuser, konnte ich nichts herausfinden - Meriten im Bereich der Medizin scheint er nicht zu haben. Dennoch erklärt er uns - mit Fönfrisur und Sorgenfalten, mit aufgereihten Särgen im Hintergrund - dass die Aussagen eines altgedienten Mikrobiologen allesamt "gefährlich" sind und begründet das ungeprüft mit Zahlen, die jeder aus offiziellen Quellen widerlegen kann.
Unter einem Faktencheck stelle ich mir etwas anderes vor. Propaganda trifft es eher.
Meine Einschätzung
Damit wir uns richtig verstehen: Das hier ist keine allzu tief gehende Analyse, sondern eher eine stichprobenartige Reflexion meines Eindrucks über die gegenwärtige Diskussion.
Ein paar Punkte scheinen mir jedoch bemerkenswert:
- Die Personen mit kritischen Stimmen, wenn sie aus dem fachlich kompetenten Lager kommen, sind häufig bereits in Rente. Wie groß ist der Druck auf die, welche noch im Erwerbsleben stehen, sich in der offiziellen Lesart (oder auch gar nicht) zu äußern? Oder sind doch die Erkenntnisse der Wissenschaft in den letzten paar Jahren so unfassbar groß, dass die Erfahrungen aus Jahrzehnten allesamt wertlos sind?
- Sehen wir uns den Sterbezahlenverlauf an, haben wir dieses Jahr den sonst üblichen Anstieg ausgeblendet. Man erkennt in den Vorjahren aber, dass nach der relativ hohen Sterberate während der Grippewelle eine deutliche Abflachung stattfand. Womöglich wird das dieses Mal genauso ausbleiben wie der "Peak" vorher, was sehr plausibel wäre aufgrund der Tatsache, dass wir mit vielen verschleppten Behandlungen (aus Angst vor Ansteckung oder wegen behördlicher Vorschriften) rechnen müssen, was sicherlich auch zu Todesfällen in der Folgezeit führen wird. Die Frage, was wir unter dem Strich gewonnen haben, wird sehr interessant zu betrachten sein.
- Warum müssen Leute wie Prof. Bhakdi auf "alternative" Medien wie Jepsen ausweichen, warum kann man sie nicht auch - wie viele andere - in den öffentlichen Medien zu Wort kommen lassen?
- Warum werden Leute wie Bhakti diffamiert, während ein Geschäftsmann wie Bill Gates zur besten Sendezeit über 9 Minuten seine Weisheiten verbreiten darf? Er schwadroniert am 12.04. über die große Gefahr für die Entwicklungsländer, was ich mit großer Skepsis sehe (siehe Raffgier 2.0 oder: Mia san Mia?). Macht Geld jetzt alles möglich? Nicht falsch verstehen: Nicht alles was Gates sagt ist falsch, aber als Hauptsponsor der WHO und Teilhaber an zahlreichen Biotech-Firmen, die an Impfstoffen arbeiten, aber ohne jede fachliche Ausbildung sind doch Zweifel angebracht, ob man hier mit neutraler Einschätzung rechnen darf. Und wieviel Gewicht - abgesehen davon, dass er im Geld schwimmt - man ihm in der öffentlichen Diskussion geben darf.
Soweit für heute, ich hab ja noch zu tun. Mein Vermögen erlaubt leider kein unbegrenztes Nichtstun